Die Vorlage für dieses Schreiben wurde von einem belgischen Anwalt
zur freien Verwendung erstellt. Ich habe diese etwas überarbeitet und
heute an die 96 EU-Abgeordneten per Email geschickt.
Am 07.12.15 soll die Abstimmung im EU-Parlament darüber erfolgen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich beziehe mich auf den Vorschlag der Europäischen Kommission für die
Überarbeitung der Feuerwaffen-Richtlinie zwecks Verschärfung der Kontrollen
von Waffenerwerb und –besitz.
Der Vorschlag der Kommission möchte unter anderem folgende Feuerwaffen
verbieten:
1) halbautomatische Schusswaffen, welche aussehen wie vollautomatische
Schusswaffen
2) halbautomatische Feuerwaffen, welche in der Vergangenheit
vollautomatisch waren und auf einen halbautomatischen Betrieb
umgebaut wurden
3) halbautomatische Waffen, die in vollautomatische Waffen umgebaut
werden können
Obschon die Essenz dieser Mail, wie ich später erwähnen werde, eine andere ist,
möchte ich nicht unerwähnt lassen, wie unpassend die Formulierung der oben
genannten Punkte ist.
Halbautomatische Waffen, welche von Sportschützen und Jägern genutzt werden,
sollen also in Zukunft aufgrund ihres Aussehens klassifiziert und verboten
werden. Die Differenzierung wurde also nicht auf Basis der Technik der Waffe
sondern auf Basis ihrer Optik gemacht.
Dies ist umso besorgniserregender vor dem Hintergrund, dass die Modelle an
Feuerwaffen, auf dem Markt, doch relativ überschaubar sind und dass viele
Hersteller sich des “Designs” und der Lizenzen einer bestimmten Waffe bedienen
und dieses mit Systemen unterschiedlichster Art bestücken. So haben z.B. eine
vollautomatische Kriegswaffe, ein halbautomatisches Wettkampfgewehr ,welches
in ganz Europa in verschiedensten sportlichen Disziplinen eingesetzt wird, und
ein kleinkalibriges Gewehr für Schießsport-Einsteiger, welches sich keinesfalls
als Kampfwaffe eignen würde, eine gleiche Optik. Beide Sportgewehre würden
laut neuer Richtlinie verboten, obwohl sie mit einer Kriegswaffe, bis auf die Optik,
nichts gemeinsam haben und sich absolut nicht für eine Kampfsituation
eignen würden und sich auch kein Terrorist oder anderer Verbrecher dieser
bedienen würde.
Ich möchte auch noch ganz kurz erwähnen, dass eine halbautomatische Waffe, die
in der EU legal bei einem Fachhändler für einen Sportschützen erhältlich ist,dies
nur ist, wenn sie vorher fachgerecht von einer vollautomatischen Funktion auf
eine halbautomatische Funktion umgebaut wurde. Ein Rückbau einersolchen
Waffe ist nur mit sehr spezifischen und tiefgründigen Kenntnissen und ggf. auch
mit sehr speziellem Werkzeug möglich. Außerdem wäre ein solcher Umbau
bereits, in allen EU Mitgliedstaaten strafbar, und die damit erhaltene vollautomatische
Waffe automatisch eine illegale Waffe und das nur aufgrund der
Richtlinie 91/477/EEC, welche aktuell in Kraft ist und nun geändert werden soll.
Die aktuelle Richtlinie sieht schon ein Verbot für vollautomatische Waffen für
Privatpersonen vor und der Umbau von halbautomatischen Waffen zu vollautomatischen
ist ohnehin schon eine Straftat. Es wäre also demnach unnötig
halbautomatische Waffen zu verbieten, weil man diese theoretisch in vollautomatische
Waffen umbauen könnte. Eine solche Waffe wäre nämlich
ohnehin eine illegale Waffe und der Umbau sowie der Besitz strafbar. Die Waffe
in ihrem Ausgangsstadium, wohlverstanden die halbautomatische Waffe,
welche aktuell noch erlaubt ist, zu verbieten wäre demnach ebenso unnötig wie
unsinnig.
Kommen wir anschließend zum allerwichtigsten Punkt dieser Mail: Alle oben
genannten und kritisierten Punkte des Vorschlages für eine Überarbeitung der
Richtlinie richten sich an legale Waffenbesitzer wie Sportschützen, Jäger und
zum Teil auch Sammler historischer Waffen.
Das imText des Vorschlages erklärte Ziel ist es, die organisierte Kriminalität
sowie den Terrorismus, im Kontext der schrecklichen Verbrechen in Paris vom
13. November, zu bekämpfen. Unter anderem soll es den Terroristen und
anderen Verbrechern erschwert werden, an Schusswaffen zu kommen,
welcher sie sich für Ihre Verbrechen bedienen.
Zwischen dem erklärten Ziel und den vorgeschlagenen Maßnahmen gibt es
allerdings eine Diskrepanz, welche einem schon beim ersten Lesen des
Vorschlages ins Auge fallen sollte und welche sich sowohl auf einer faktuellen
als auch auf einer juristischen Ebene befindet.
Der Vorschlag, für die Umänderung der aktuellen Richtlinie, sieht vor, die
organisierte Kriminalität und den Terrorismus, genauer deren Waffenarsenale,
damit zu bekämpfen, dass der legale Waffenbesitz für verschiedene Waffentypen
erschwert wird. Was der Vorschlag zu ignorieren scheint, ist derFakt,dass
Verbrecher, inklusive Terroristen keine legalen Waffenbesitzer sind und in einer
Weise von den geltenden Waffengesetzen beeinflusst werden.Genauso wenig
werden die Verkäufer dieser illegalen Kriegswaffen, welche ausschliesslich auf
dem Schwarzmarkt gehandelt oder aus Kriegsgebieten mitgebracht werden,
von den vorgeschlagenen Waffengesetzen beeinflusst. Sowohl Käufer wie auch
Verkäufer dieser Waffen, sind hochgradig kriminell und halten sich ohnehin nicht
an die aktuell geltenden, schon sehr strikten, Waffengesetze.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass es keinen einzigen Fall von Terrorismus in
der EU gibt, bei dem eine legal in der EU gekaufte und registrierte Schusswaffe
verwendet wurde. Sogar die Anzahl ordinärer Straftaten, welche mit solchen
Schusswaffen begangen werden, geht gegen Null.
Der legale Markt für Sport- und Jagdwaffen, welcher gesetzlich streng
reglementiert ist, sowie der legale Waffenbesitzer, haben in der Realität in
keinster Weise etwas mit dem illegalen Schwarzmarkt für Kriegswaffen, welcher
sich Verbrecher bedienen zu tun. Somit sollte es klar sein, dass eine Verschärfung
der Waffengesetze zwar die legalen Waffenbesitzer weiter in der Ausübung ihrer
Hobbys und Sportarten hindern aber auf die organisierte Kriminalität und den
Terrorismus absolut keinen Einfluss haben würde.
Dieser Punkt ist der wichtigste überhaupt und es ist wichtig nochmal zu betonen,
dass eine Verschärfung der Gesetze für den legalen Waffenbesitz keinerlei
Einfluss auf den illegalen Waffenhandel von Kriminellen haben wird.
Vor diesem Hintergrund kommen wir zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz,
welcher im EU‐Recht verlangt, dass jede Maßnahme der EU eine Reihe an
Bedingungen gleichzeitig erfüllt, wovon die erste ist, dass die Maßnahme geeignet
ist um das erklärte und legitime Ziel zu erreichen. Besteht eine Maßnahme
diesen Verhältnismäßigkeitstest nicht, ist die Maßnahme gesetzeswidrig.
Es sollte nicht mehr nötig sein nochmal zu betonen, dass im Falle der
vorgeschlagenen Überarbeitung der Richtlinie 91/477/EEC die
vorgeschlagenen Maßnahmen de facto nicht zum Erreichen des genannten
Zieles geeignet sind. Daraus resultiert, dass die geplante Maßnahme dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gerecht wird und somit nach
geltendem EU Recht ‐ gesetzeswidrig ist.
Aus diesem Grund bitte ich Sie höflichst, sich in Ihrer Funktion als EUAbgeordnete/
er dafür einzusetzen, dass diese Richtlinie in den kritisierten
Punkten nochmal überarbeitet wird und somit dazu beiträgt, dass der Kampf
gegen das organisierte Verbrechen, den Terrorismus sinnvoll und mit geeigneten
Maßnahmen verbessert und verstärkt wird, damit Europa zu einer sichereren
Umgebung für alle Bürger wird.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und verbleibe
hochachtungsvoll mit besten Grüßen
Dieter Kirschmann
Schlierbach